AllgemeinTriathlon: Training & Tipps

Salutogenese vs. Pathogenese

Der Kampf der (Gesundheits-)Welten?

Was ist eigentlich Gesundheit? Blicke ich zurück in mein sportwissenschaftliches und sport-medizinisches Studium, so sprach die damalige Definition der Welt-Gesundheits-Organisation (WHO) zusammengefasst von der Abwesenheit der Krankheit als Feststellung des Gesundheitsstatus`. Das ist nun ein paar Jahrzehnte her. Das Wissen hat sich erweitert. Hat sich aber auch die Erklärung – und noch wichtiger unser Verhalten – angepasst?

In der aktuellen Satzung der World Health Organization (WHO) wird Gesundheit definiert als „ein Zustand vollständigen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit oder Gebrechen.“ Die herausfordernde Aufgabe, nicht nur solch bedeutender Institutionen wie der WHO, sondern auch eines jeden Individuums, ist es demzufolge, die Rahmenbedingungen zu schaffen, um den beschriebenen Zustand sicherzustellen. Denn wie der Volksmund schon immer wusste: Gesundheit ist das höchste Gut!

Eigenverantwortung stärken

Dieser Logik folgend ist eine gesunde Lebensweise die Grundlage, um pro-aktiv und mit einem erforderlichen Grad an Eigenverantwortung deutlich mehr für sich zu tun, als die bloße Abwesenheit von Krankheit und Gebrechen zu sichern. Gesundheit erfordert einen aktiven Lebensstil, der von Disziplin, Verstand und Verantwortung geprägt ist. Denn das Gegenteil dieser Handlungsweise provoziert auch das Gegenteil von Gesundheit, und diesen Zustand nennt man dann: krank.

Wo bleibt die Gesundheits-Kampagne?

So wäre doch die folgende Frage im aktuellen Kontext nicht nur legitim, sie wäre doch die Grundlage für die aktive Erzeugung und Herstellung des Wohlbefindens im Sinne eines leistungsstarken Immunsystems. Nicht also, „woher kommt die Krankheit?“, sondern „wie erzeugen wir Gesundheit?“. Müsste es denn nicht sogar eine groß angelegte Kampagne geben? Sollten wir nicht in jedem TV-Magazin, an jeder Litfaßsäule und eigentlich überall motiviert werden, die inneren Kräfte zu mobilisieren? Wäre das nicht sogar die Pflicht derer, die für die Gesellschaft Verantwortung tragen?

Ist Pathogenese rückwärts gerichtetes Denken?

Es ist keine neue Erkenntnis, festzustellen, welch positive Aspekte aus einem gestärkten Immunsystem, erzeugt durch gesunde Ernährung, Bewegung, Aufenthalte in der Natur und soziale Kontakte, entstehen. An diesem Punkt treffen zwei Welten aufeinander: die Salutogenese und die Pathogenese.

Die Salutogenese (Saluto = Gesundheit, Genese = Entstehung), die im Gegensatz zur Pathogenese (Patho = Krankheit, Genese = Entstehung) die Erzeugung und Erhaltung der Gesundheit als Zentrum ihrer Ansätze definiert. Aus dieser Perspektive betrachtet, hat derjenige die größere Chance nachhaltig gesund zu sein, der einen aktiven und reflektierten Lebensstil führt. Doch dafür muss sich der Mensch schon auch mal anstrengen.

Der in der Salutogenese hinterlegte Ansatz der Prävention (Praevenire = „zuvorkommen“, „verhüten“) soll die Schutzmechanismen des Individuums stärken.

Der Nanny-State wird es schon richten

Gesundheit zu erzeugen und zu pflegen ist folgerichtig ein durchaus mühsamer Prozess, der individuelles Engagement, Willen, Disziplin, Ausdauer und Körper- wie Geistesintelligenz benötigt. Gesundheit ist ein kontinuierlicher Prozess und entsteht nicht nach dem Verzehr eines Smoothies. Man bezeichnet dies auch das Prinzip der verzögerten Belohnung.

Eine verzögerte Belohnung ist in der aktuellen Zeit aber nicht nachgefragt, denn es gibt sie nicht per Videostream-on-demand oder via Amazon Prime als Übernachtzustellung. Studien aus aller Welt belegen aber doch die gesundheitsfördernde Wirkung von Bewegung, gesunder Ernährung, sozialer Interaktion und den damit verbundenen positiven Auswirkungen auf physischer wie psychischer Ebene.

Wir wissen das alles … eigentlich. Warum handeln wir nicht danach?

Allein in Deutschland sind zwei Drittel (67%) der Männer übergewichtig (BMI25 und höher)!

Folgerichtig scheint die Pathogenese tendenziell eher ein rückwärts gerichteter, auf die Ergebnisse wartender Prozess zu sein. Wird während dieser Wartezeit die Gefahr jedoch überhöht und über die Chance gestellt und der Mensch derart medial (ver)erzogen, so verliert er sukzessive die Hoheit über seine Gedanken, seine Zuversicht, seinen Mut, auch sein Selbstvertrauen – im schlimmsten Falle sogar seine Handlungsmacht.

Das Ergebnis?

Bei jedem Problem ruft der besorgte Bürger nach Vater oder Mutter Staat, dem Nanny-State.

Wer sich selbst einem anderen überlässt, wird selber zunehmend handlungsunfähig.

Wo bleibt der Appell?

Fassen wir an dieser Stelle kurz zusammen. Die Förderung persönlicher Fürsorge und damit der Sicherstellung einer gesundheitlichen Basis, ist die Voraussetzung dafür, Angriffen verschiedenster Viren und Bakterien standhalten zu können. Diese Immunabwehr ist oftmals das Ergebnis hoher persönlicher Anstrengungen und eines überdurchschnittlichen Engagements sowie der Wertschätzung sich selbst gegenüber. Doch nicht nur das.

Damit verbunden ist auch ein Beitrag zur Entlastung des Gesundheitssystems. Schließlich führt diese Lebensphilosophie zwangsläufig zu geringeren Kosten für die Allgemeinheit. Diese Menschen zahlen demzufolge mehr in das System ein als sie wieder „rausholen“. Da realisieren diejenigen, die es mit sich nicht ganz so gut meinen, einend deutlich besseren return-on-investment. Und an dieser Stelle begegnet man einem System, welches die Krankheit quasi als Business-Modell führt.

Der Kampf der Welten: Salutogenese vs. Pathogenese

„Wer glaubt, die Pharmaindustrie wolle die Gesundheit der Bevölkerung, glaubt auch, dass die Rüstungsindustrie den Weltfrieden möchte!“ Vielleicht illustriert dieser häufig genannte Vergleich genau das Problem, in das wir uns haben manövrieren lassen. Natürlich gibt es viele wichtige Errungenschaften der Medizin, die in Produkten der Pharmawirtschaft geflossen zu einer Linderung von Krankheit und Not geführt haben. Ohne Zweifel!

Doch so sarkastisch es auch klingen mag: der Kranke ist die Cashcow, der Umsatzbringer der Pharmaindustrie. Blicken wir einmal in die Kostenstruktur jener Krankheiten allein Deutschland, die weitestgehend (natürlich nicht immer) verhaltensbasiert sind.

Macht in der Summe rund 160 Milliarden Euro jährlich an Kosten, die für das Gesundheitssystem anfallen! Psychische Erkrankungen, die aus obigen Problemfeldern entstehen, sind hier noch gar nicht mit einbezogen.

Bei jährlichen Ausgaben von 410 Mrd. Euro entspricht dies einem Anteil von 39% zum großen Teil vermeidbarer Kosten. Sollte es nicht durchaus im Sinne einer Gesellschaft – und ihrer leitenden Strukturen – sein, diese Kosten zu senken? Statt dessen wird dieser Zustand durch Massnahmen wie Lockdown, Homeschooling, Schwimmbad- und Fitness-Studio-Schließungen noch weiter verstärkt. Feuer mit Benzin zu löschen war noch nie eine gute Idee. Doch genau das passiert gerade.

Ist Gesundheitsförderung überhaupt gewollt?

Wer den Kinder- und Jugendsportbericht 2020 aufmerksam liest (Link unten), sollte sich erschrecken. Denn 80 Prozent, d.h. vier von fünf Kindern und Jugendlichen in Deutschland, bewegen sich weniger als eine Stunde pro Tag! Diese Daten muss man erst einmal sacken lassen. Im Übrigen wird sich dieses Phänomen nicht auf diese Altersklassen beschränken. Angesichts einer Quote von mehr als 60% Übergewichtigen Erwachsenen in Deutschland darf man fast von einer Seuche sprechen.

Das scheint aber niemanden zu interessieren.

Die dafür verantwortliche Politik darf aus der Warte der aktiven Gesundheitsförderung attestiert werden, entweder ahnungslos zu sein oder vorsätzlich zu handeln. Entschuldbar ist keines von beiden. Die einzigen Profiteure sind diejenigen, die ihr gesamtes Geschäftsmodell darauf aufbauen, Krankheiten zu bekämpfen. Die individuelle Gesundheitsvorsorge (Ernährung, Bewegung & Co.) ist, aus dieser Position gesehen, deren natürlicher Feind. Dessen müssen wir uns bewusst sein.

Ich übertreibe sicher etwas, wenn ich mich frage: kämpfen Sportler, Trainer, Sportwissenschaftler, Therapeuten u.v.a. gegen ein kommerzielles System? In der Übertreibung von Gedanken steckt ja immer auch eine Möglichkeit, klarer zu sehen und Positionen zu verdeutlichen.

Das Fazit dieser Gedanken ist eine verkehrte Welt.

Nicht nur das. Es ist ein Faustischer (Gesundheits-)Pakt, der kein Happy End verspricht. Diese Gedanken möchte ich im kommenden Beitrag thematisieren.

Ach, und um letztlich doch noch einmal zum Anfang des Artikels zurückzukehren … wo bleibt denn der Appell zur individuellen Gesundheitsförderung der Organisation, die den Begriff Gesundheit im Namen trägt? Verdient die WHO ihre Bezeichnung überhaupt oder verfolgt sie ganz andere Interessen? Oder handelt es sich lediglich um eine schöne Plakette? Viele offene Fragen …

Vielen Dank, lieber Leser, dass du meinen Gedanken deine Zeit geliehen hast. Ich weiß das sehr zu schätzen.

Links:

Rauchen kostet das Gesundheitssystem und die Volkswirtschaft jährlich 79 Mrd. Euro > KLICK

Adipositas-Behandlung kostet das deutsche Gesundheitssystem jährlich 29 Mrd. Euro > KLICK

Alkohol-Missbrauch kostet das deutsche Gesundheitssystem und Volkswirtschaft rund 39 Mrd. Euro > KLICK

Bewegungsmangel kostet das deutsche Gesundheitssystem jährlich rund 10 Mrd. Euro > KLICK

Gesundheitsausgaben im Jahr 2019 bei 410,8 Mrd. Euro in Deutschland > KLICK

Kinder- und Jugendsport-Bericht 2020 > KLICK

Adipositas im Erwachsenenalter – 67% übergewichtig > KLICK

Übergewicht erhöht Risiko, an Covid 19 schwer zu erkranken > KLICK

Titelbild: Hintergrund Foto erstellt von schantalao – de.freepik.com

Ein Gedanke zu „Salutogenese vs. Pathogenese

Kommentare sind geschlossen.