Auf den Punkt gebracht: Schwimm-Performance
Das Schwimm-Training neu denken und strukturieren
Aller Anfang ist schwer, so sagt der Volksmund. Für den Triathlonsport sollte es aber doch heißen: ist der Anfang schon gut, wird das Rennen umso besser. Ein guter Anlass, die eigene Schwimmperformance zu verbessern.
Anmerkung: die „Sie“-Anrede resultiert daraus, dass dieser Artikel für ein Magazin verfasst wurde. Keine Sorge, nur eine Ausnahme.
Nach wie vor ist das Schwimmen für viele Triathleten, die nicht selten Seiteneinsteiger aus anderen Sportarten sind, die größte Hürde. Scherzhaft wird oft gesagt, man würde seinen Wechselbeutel und sein Rad in der ersten Wechselzone umso besser finden, je später man aus dem Wasser kommt. Auch wenn das sicherlich stimmt, so ist der persönliche Ehrgeiz doch immer vorhanden, das gesamte Rennen möglichst optimal verlaufen zu lassen. Und deshalb geht an einem gezielten Training im Schwimmbecken kein Weg vorbei. Die gute Nachricht: Ihre Potenziale können Sie auch jetzt noch erweitern.
Viel trainiert und wenig verbessert?
Haben Sie in den vergangenen Monaten all das getan, was Sie weitläufig gelesen haben? Sie haben intensiv an der Grundlagenausdauer gearbeitet und der Verbesserung der Technik viel Zeit eingeräumt? Und dennoch hat sich die erhoffte spektakuläre Leistungssteigerung im Wasser noch nicht eingestellt? Das könnte mehrere Ursachen haben.
Schwimmen Sie nämlich zu häufig in einem Bereich, der tendenziell die Grundlagenausdauer anspricht, könnte es passieren, dass Sie sich geradewegs in eine Bewegungsroutine hineinschwimmen, aus der es mitunter gar nicht leicht ist, wieder herauszukommen. Dieser beliebte Trainingsbereich fördert zwar Anpassungsprozesse in der Arbeitsmuskulatur, z.B. durch eine bessere Blutversorgung. Hinsichtlich der Verbesserung Ihrer koordinativen Fähigkeiten, könnte diese Routine aber genau der Hemmschuh sein, um die Schwimmleistung deutlich anzuheben.
Sind Sie nämlich nicht in der Lage, die Schwimmbewegungen, sowohl Unter- wie auch Überwasser, schnell und gezielt anzusteuern, fehlt Ihnen womöglich eine ganz wichtige Eigenschaft für schnelles und auch effizientes Schwimmen, ganz gleich über welche Distanz Sie an den Start gehen.
Denn das Schwimmen im Triathlon erfordert einen anderen Sportler als das Radfahren und auch Laufen im Triathlon. Folgerichtig unterscheiden sich auch die Trainingsinhalte zum Teil dramatisch voneinander. Blicken wir einmal gemeinsam in einen typischen Rennverlauf, so fallen von vornherein einige Dinge auf, die es im Training zu berücksichtigen gilt. Startschuss!
Schwimmen im Triathlon ist anders
Nur ein einziges Mal an diesem Tag, der sich vielleicht sogar über mehrere Stunden zieht, sind Sie ausgeruht. Und das ist genau dann, wenn alle anderen auch ausgeruht sind: am Schwimmstart. Was sich wie eine Binsenweisheit liest, sorgt in der Praxis von Beginn an für ungewöhnliche Rennszenarien, wie sie kein Experte empfehlen würde. Der Startschuss, die Aufregung und die hormonelle Ausschüttung diverser körpereigener Aufputschmittel führen so gut wie immer zu einem meist deutlich erhöhten Anfangstempo. Sieht man sich dagegen einen Schwimmspezialisten im Becken über 1.500 Meter Freistil an, so sind die ersten 50 Meter meist die lockersten. Im Triathlon ist das genau umgekehrt.
Die Folge: haben Sie sich mit dieser Situation nicht schon im Training eingehend auseinandergesetzt, so droht dem Stoffwechsel ein regelrechter Schock. Schwimmen Sie dazu noch in einem 6er, 8er- oder sogar 10er-Atemzug – weil es am Anfang geht – bringen Sie sich bereits auf den ersten Metern in eine Krisensituation, die Sie womöglich gar nicht so recht wahrnehmen. Häuft sich dabei die Laktatkonzentration im Blut an, blockieren Sie den angestrebten aeroben Stoffwechsel, der Sie ökonomisch über die gesamte Distanz bringen sollte.
Die Bedeutung des Auftakts
Entscheiden sind besonders die ersten zwei bis vier Minuten. Diese Zeit benötigt der Organismus, um die Stoffwechselprozesse warmlaufen zu lassen. Nicht nur ein Argument für ein ausgiebiges Aufwärmprogramm, sondern auch für eine konservative Renngestaltung. Haben Sie Geduld und setzen Sie Ihre Ressourcen geschickt ein, um Ihr perfektes Rennen zu gestalten.
Und da fällt schon das Stichwort: Ressourcen. Wie können Sie nun, vielleicht aus einem beschwerlichen Winter- und Frühjahrstraining kommend, die Leistung nun deutlich heben und vor allem rennspezifisch anpassen? Der wichtigste Parameter für die Wettkampfvorbereitung und das abschließende Tapering ist die kluge Wahl der Intensitäten.
Führen Sie sich einmal vor Augen, was im Wasser passiert. Im Prinzip werden Sie, durch den permanent vorhanden Widerstand des Wassers, zu jedem Zeitpunkt abgebremst. Glauben Sie nicht? Dann stoßen Sie sich einmal von der Beckenwand ab. Bereits nach wenigen Metern werden Sie, trotz Höchstgeschwindigkeit beim Abdruck, auf Tempo Null herab gebremst. Schwimmen ist wie Radfahren gegen den Wind und wie Laufen gegen eine Geländeerhebung. Deshalb benötigen Sie Kraft und tendenziell hohe Intensitäten, um diesen Widerstand zu überwinden.
Schwimmen, Kraft und Krafttraining
Während Sie beim Laufen dank der Schwerkraft und auch beim Radfahren in unterschiedlichem Gelände dauerhaft einen Kräftigungsreiz auf die spezifische Muskulatur ausüben, leisten im Schwimmen verhältnismäßig kleine Muskelgruppen ihre Arbeit. Zusammen mit der quasi Schwerelosigkeit, fällt der Trainingsreiz tendenziell eher niedrig aus. Zwar mag Sie das Schwimmen anstrengen, ein Krafttraining im Sinne der Definition ist das aber bei weitem nicht. Unter Berücksichtigung der bereits beschriebenen Renndynamik, erzwingt dies ein deutlich intensiveres Training im Wasser als in den beiden Folgedisziplinen.
Intensives Training ist der effektive Hebel für Ihre Schwimmleistung. Befinden Sie sich jetzt ungefähr sechs bis acht Wochen, oder sogar etwas mehr, vor Ihrem Hauptwettkampf, so haben Sie alle Chancen einer spektakulären Verbesserung.
In dieser Phase, auch intensive Vorbereitungsperiode genannt, können Sie mit sehr punktuellen Belastungsspitzen nicht nur den Organismus auf ein neues Leistungslevel bringen. Auch Ihre koordinativen Fähigkeiten, das Wassergefühl und der schnelle Wechsel von muskulärer Anspannung (Unterwasser) und muskulärer Entspannung (Überwasser) verbessern sich und leisten damit Ihren Anteil zur Verbesserung der Schwimmleistung.
Eine wichtige Zutat für diese Trainingsphase sind Trainingsinhalte mit Testcharakter. Damit erzeugen Sie einen sehr klar definierten Trainingsreiz und gehen geradewegs in eine spezifische Rennvorbereitung. Und ein weiterer nicht zu unterschätzender Nebeneffekt? Testserien motivieren, zeigen Entwicklungen auf und sind somit ein unverzichtbarer Teil eines gut strukturierten Trainingsplans.
Weiter geht´s im nächsten Teil und der konkreten Umsetzung.
Hier ein Video zur Bedeutung des Schwimmens im Triathlon, in dem nochmals deutlich wird, weshalb das Schwimmen als Auftaktdisziplin so viel Bedeutung für den gesamten Rennverlauf besitzt. Klick auf das Motiv und schon startet der Clip.