Multisport: Training & mehr

Die faszinierende Welt des Ausdauersports

Glück durch Anstrengung und Bewegung

Einzelgänger, Asketen, Sportjunkies – kommen Ihnen diese Worte bekannt vor? Mussten Sie sich auch schon einmal einer Diskussion stellen, die Ihre sportlichen Aktivitäten im Mittelpunkt sah? Und vielleicht fiel es Ihnen sogar schwer, kurze und treffsichere Gegenargumente zu formulieren? Das wäre ein gutes Zeichen, denn eine Leidenschaft in kurzen Worten zu beschreiben, ist eigentlich unmöglich. Was aber macht den Ausdauersport so faszinierend?

Einzelgänger – früher oder später werden Sie mit diesem Begriff konfrontiert werden, wenn Sie eine Einzelsportart betreiben. Im Ausdauersport ist es nun mal so, dass es kaum Mannschaftswettbewerbe gibt. Sieht man von wenigen Beispielen wie einem Ruder-Achter oder einer Staffel einmal ab. Doch das ist keineswegs bedauerlich! Auch wenn es Ihrem Umfeld vielleicht schwer fällt zu verstehen: Oft ist es genau diese Welt des mit-sich-allein-seins, die reizt.

Einsam, aber im besten Sinne des Wortes. Fast schon im Gegensatz zu diesem Grundgedanken erfährt der Ausdauersportler eine gesellschaftliche Umgebung, wenn er an einem Wettkampf teilnimmt. Die sogenannte Community macht vor allem aus Lauf- und Triathlonwettbewerben zu einem Massenphänomen. Vielleicht haben Sie das selbst schon erlebt, wenn Sie mit hunderten oder gar tausenden anderer Sportler, Enthusiasten wie Sie, an der Startline eines Wettbewerbes stehen. Bei einem Triathlonwettkampf kann es sogar passieren, dass ein bekannter Profisportler neben Ihnen steht und ein und dieselbe Strecke zurücklegt. Dieses Faszinosum gibt es nur im Ausdauersport. Der manchmal etwas einsamen Welt des Trainings steht eine großartige Welt der Zusammengehörigkeit gegenüber. Dann gestalten Sie als Sportler das Event zu einem Ereignis.

Eigenverantwortung

Ein Ausdauersportler hat kaum eine Chance, sich hinter einer Mannschaft zu verstecken. Ein  weniger guter Tag wird dank ein paar guter Aktionen oder sogar einem einzigen erfolgreichen Torschuss nicht zu einem glorreichen Tag. Der Ausdauersportler trägt die Verantwortung für Gelingen oder Nichtgelingen selbst. Das Endergebnis hängt einzig und allein von Ihrer eigenen Performance ab. Und diese wiederum zu einem großen Teil von Ihrem Engagement im regelmäßigen Training. Zugegeben: Die Reise vom Trainingsbeginn bis zur individuell herausragenden Leistung im Wettkampf kann lang werden. Doch auch hier gilt: Der Weg ist das Ziel. Und deshalb lohnt sich ein Blick auf die Reiseroute.

Zum Beispiel auf die eines Marathonläufers. Die Marathon-Anhänger erklären den Marathon gerne zum „Mount Everest des kleinen Mannes“. Haben Sie den Mount Everest schon bezwungen? Nein? Ich auch nicht. Dann darf ich uns in diesem Sinne guten Gewissens als kleine Männer bezeichnen. Und doch gibt es viele Analogien zu den Großen, zu denen, die es geschafft haben. Reinhold Messner wurde einmal gefragt, warum er denn Berge besteigen würde. „Weil sie da sind“, entgegnete er. So einfach ist das.

Die Reise beginnt

Auch wenn Ihr Everest ganz unterschiedlich sein mag, so verfolgen Sie doch ähnliche Strategien. Sie wissen, dass eine Besteigung ohne Vorbereitung entweder scheitern oder nur durch Glück machbar sein wird. Also beginnen Sie, sich Gedanken über die zu erwartende Situation zu machen. Sie gleichen das Ergebnis  mit Ihren Fähigkeiten ab und kommen zu dem Entschluss: Das kann ich nicht schaffen – noch nicht! Und schon sind wir mittendrin in einem faszinierenden Prozess. Der Reise zum Ziel! Lassen Sie uns gedanklich die Koffer packen.

Viele unter uns Athleten begeistert die Möglichkeit, eine Leistung allein mit den eigenen Fähigkeiten bewerkstelligen zu müssen – und irgendwann zu können. Aus einer Idee wird ein Projekt: das Projekt Erlebnis! Das Erlebnis, mit sich selbst in ganz engem Kontakt zu stehen. Viel enger, als das Menschen ohne intensives Hobby tun. Und eben dieser enge Kontakt ist es, der Sie sich weiterentwickeln lässt. Durch das Training wachsen nicht nur Ihre Muskeln. Auch Ihre Persönlichkeit tut es.

Die Erfolgsspirale

Viele positive Beispiele der Persönlichkeitsentwicklung durch Ausdauersport hat der Triathlon hervorgebracht. Viele Athleten waren vorher bereits in einer der drei Disziplinen Schwimmen, Radfahren oder Laufen aktiv und kommen durch sie zum Triathlon. Andere wiederum sehen den abenteuerlichen Aspekt hinter dieser Sportart und erleben einen derart hohen Reiz, dass sie in einer zweiten oder dritten sportlichen Karriere das Training wieder aufnehmen. Wieder Andere beginnen sogar erstmalig überhaupt mit dem Sport. Allen ist gemeinsam, dass Sie eine Sportart für sich entdeckt haben, die sie auch im fortgeschrittenen Alter enorm motiviert. Und ehe sie es bewusst wahrnehmen, setzt sich eine Entwicklungsspirale in Bewegung.

Ein angehender Triathlet spürt schon sehr schnell die ersten Leistungssprünge, er erweitert seine Ausrüstung und fängt automatisch an, über die richtige Ernährung nachzudenken. Mobilität aus eigener Kraft, der perfekte Brennstoff für den nun geforderten Eigen-Motor und optimiertes Zeitmanagement sind plötzlich wichtige Themen. Dies sind Entwicklungs- oder Veränderungsprozesse, die bei manch anderen Zeitgenossen erst zutage treten, wenn ihnen der Hausarzt bei gleichbleibendem Lebenswandel die Diagnose einer deutlich verminderten Lebenserwartung vor Augen führt. Der Ausdauersportler hat bereits alles in die Hand genommen, was es dazu braucht. Teils mit Vorsatz – teils völlig automatisch!

Sportler oder Abenteurer?

Als Freizeitsportler, die ihr Hobby zwischen Büro und Familienessen stopfen, begeistern wir uns oftmals für die waghalsigen Abenteuer anderer Menschen. Nämlich die, die einfach rausgehen und losziehen, um andere Welten zu entdecken – und zwar weiter, als die morgendliche Laufrunde reicht. Doch ist das wirklich so viel anders, als das, was Sie als Ausdauersportler tun? Oder anders gefragt: Ist ein Abenteuer nicht auch immer Ausdauersport? Abenteuer definieren sich schließlich über lange, unbekannte und Kräfte zehrende Wege, knappe Nahrungsvorräte, das ständige Ausloten der persönlichen Ressourcen. Das sind doch genau die Dinge, mit denen Sie ebenfalls ständig konfrontiert werden! Dinge, denen Sie in Ihrem regelmäßigen Training und besonders im Wettkampf viel Aufmerksamkeit widmen. Ausdauersport ist Abenteuer!

Die Selbsterziehung zum Glück

Schon einmal vom Runner’s-High gehört? Dem Flow, der einen mühelos, grenzenlos, besinnungslos rennen lassen soll? Und der viele Ausdauersportler verzweifeln lässt, weil er nicht eintreten will, weil sie sich trotz aller Bemühungen nie in Ekstase versetzt fühlen, sondern die Beine einfach irgendwann schwer werden? Nur Mut: Sicherlich kann man bei dem, was der Psychologe Mihály Csíkszentmihályi in seinen bahnbrechenden Forschungen beschreibt, nicht immer von einem Flow-Erlebnis sprechen. Und dennoch: Ausdauersport macht nachweislich glücklich. Auch davon schreibt Csíkszentmihályi in seinen Büchern: von dem verzögerten Glücks- oder Zufriedenheitsgefühl nach der Bewältigung einer Aufgabe, die das völlige Einbringen der persönlichen Möglichkeiten erfordert. Kurz gesagt: Je größer die Anstrengung, desto größer die Zufriedenheit. Und manchmal eben auch erst danach!

Der Belohnungsaufschub

Manche Trainingseinheit ist wirklich eine Qual. Glücklich sind Sie erst, wenn Sie unter der Dusche stehen. Warum haben Sie sich das angetan? Warum haben Sie das Training nicht ausfallen lassen und gleich geduscht? Weil es eben nicht dasselbe ist. Der Mensch ist in der Lage, seine erwartete Belohnung aufzuschieben (Gratifikationsaufschub). Auch wenn es keinen Spaß macht, weiß er, dass er sich nach dem Training besser fühlen wird. Eine Studentin vergräbt sich für einige Wochen unter den Büchern auf Ihrem Schreibtisch. Nicht, weil es Spaß machte, sondern weil sie weiß, wie zufrieden sie bestandene Prüfungen machen werden. Ein bewusster Verzicht führt am Ende zu mehr Gewinn. Auch wenn die Veranlagung zum Belohnungsaufschub individuell unterschiedlich stark ausgeprägt ist: Diese Form der Selbst-Disziplin können Sie üben! Und mit der Zeit werden sich dann die Verzichte, die Strapazen im Training, besser anfühlen. Und bis dahin genießen Sie einfach die anschließende Dusche umso mehr!

Glücksfaktor Anstrengung

Anstrengung als ein wesentlicher Glücksfaktor des Ausdauersports – das können Sie getrost auf die Liste Ihrer  persönlichen Weiterentwicklung hinzufügen. Denn sich für eine Sache anstrengen, sich engagieren zu können, das macht Sie auch außerhalb des Sports stark. Andere Faktoren, die dem Ausdauersport zugeschrieben werden, sind Disziplin, Wille und Durchhaltevermögen. Eigentlich nicht die schlechtesten Charaktermerkmale eines Menschen. Und genau da liegt ein weiterer Aspekt des Ausdauersports, der weit über das Schwimmen, Laufen, Rudern, Langlaufen oder Radfahren hinausgeht: nämlich die Erziehung. Sie lernen, dass Erfolge nicht auf Zufall beruhen. Statt vom Sofa aus die Reichen und Schönen im TV zu beneiden, spüren Sie, dass sie etwas dafür tun können, sich wohl zu fühlen und das Selbstbewusstsein zu stärken. Der Ausdauersport ist deshalb ein sehr gesundes Erziehungsfeld für Menschen aller Alters- und Leistungsklassen. Er produziert nicht etwa unbequeme Einzelkämpfer – er ist ein wertvoller Beitrag für die gesamte Gesellschaft!