Triathlon: Training & Tipps

Triathlon: Anspannung und Entspannung, Teil 2

40.000 Zyklen bei einer Langdistanz

Plastizität nutzen

Damit greift aber auch ein weiterer wichtiger Mitspieler in das Geschehen ein: das Gehirn. Sowohl die Anspannung (Kontraktion) wie auch die Entspannung (Relaxation) der Muskeln werden über unsere Schaltzentrale reguliert. Und das beste daran: unser Gehirn ist trainierbar wie ein Muskel und besitzt aufgrund seiner Plastizität die Fähigkeit, sich neue Ansteuerungsmuster anzueignen. Diesen Umstand gilt es nun, für eine verbesserte muskuläre Koordination und ein optimales Kontraktions-Relaxations-Muster zu nutzen.

Untersuchungen haben gezeigt, dass dieses hochfrequente Muster einen ganz entscheidenden Anteil an einer Ausdauerleistung hat. Je schneller es Ihnen also gelingt, den Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung, also dem regenerativen Anteil der Bewegung, vorzunehmen, desto länger können Sie eine hohe Leistung aufrecht erhalten.

VO2Max und andere Parameter

Die Überwasserphase beim Schwimmen, die Aufwärtsbewegung beim Radfahren und die Schwungbewegung beim Laufen dienen besonders dem Zweck der Erholung! Treffen zwei vergleichbare Sportler mit identischen VO2max-Werten aufeinander, wird sich folgerichtig derjenige durchsetzen, dessen Gehirn „besser arbeitet“. Oder anderes formuliert: dessen Ansteuerung zwischen Gehirn und Muskel besser trainiert ist.

Bedeutet dies nun die Abkehr von langen Grundlageneinheiten? Nein, natürlich ist das Training der beteiligten Organssysteme nach wie vor die grundlegende Voraussetzung für überdurchschnittliche Ausdauerleistungen. Doch hat das Training der muskulären Koordination seinen Platz im Trainingsplan mehr als verdient. Ja, es ist für das Erreichen individueller Bestleistungen sogar eine Bedingung!

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Schnelligkeit pflegen

Erschwerend kommt hinzu, dass mit steigendem Alter die Schnelligkeitsfähigkeiten am frühesten und ausgeprägtesten verloren gehen. Damit einhergehend nimmt auch die Elastizität der Muskulatur und die Bewegungsamplitude ab. Weitere Argumente also für ein Training kurzzeitiger Krafteinsätze.

In der äußeren Betrachtung eines Sportlers sind diese Phänome des Nerv-Muskel-Zusammenspiels kaum erkennbar. Denn: Wenn in diesem Zusammenhang von der Ansteuerungsfrequenz der Muskulatur gesprochen wird, darf dies nicht verwechselt werden mit der allgemeinen Bewegungsgeschwindigkeit.

Armstrong vs Ullrich

Zur Verdeutlichung werfen wir einen Blick auf ein Szenario aus der jüngsten Sporthistorie. Erinnern Sie sich an das Duell von Lance Armstrong und Jan Ullrich und die ständige Diskussion über die richtige Trittfrequenz? Während Armstrong im hochfrequenten Spinningstil fuhr, begnügte sich Ullrich mit einer deutlich niedrigeren, kraftbetonten Trittfrequenz.

Das bei dem Texaner und dem Deutschen zweifellos vorhandene optimale Zusammenspiel von Anspannung und Entspannung zeigt sich demzufolge nicht zwangsläufig in einer identischen Bewegungsgeschwindigkeit. Es handelt es sich folgerichtig um Abläufe in der feinmotorischen – und individuellen ! – Abstimmung der Muskulatur.

Zusammenfassend führt eine verbesserte inter- und intramuskuläre Koordination demzufolge zu einem ökonomischen Zusammenspiel der an der Bewegung beteiligten Muskeln. Welchen Leistungsfortschritt können Sie nun erwarten, wenn Sie die dazu passenden Trainingsmethoden in Ihr Training integrieren?

Entspannen will gelernt sein

Neben der gestiegenen Agilität ist die verbesserte Entspannungsfähigkeit der beteiligten Muskeln für den Ausdauersport mit Sicherheit der entscheidende Faktor für eine Leistungsverbesserung. Aber auch die damit verbundene schnellere Aktivierung im nachfolgenden Bewegungszyklus wird Ihre Leistungsfähigkeit erhöhen.

Bei einer elfstündigen Langdistanz summiert sich Ihr Aufwand nämlich schnell auf über 40.000 Bewegungszyklen! Wenn es Ihnen gelingt, bei jeder Bewegung ein wenig effizienter zu agieren, werden Sie schnell eine enorme Leistungsverbesserung erzielen. Und eine weitere gute Nachricht am Ende: Sie müssen für diese Trainingsform gar nicht viel Zeit aufwenden!

Wir setzen die Serie um das Thema „Koordinative Aspekte im Triathlon“ demnächst fort. Dann geht es noch stärker in die Praxis!