Triathlon: Training & Tipps

Triathlon Project 7/8: der unterschätzte Effekt

Weshalb die Leistungen nicht nur aus Daten bestehen

6:44,25 Stunden – das sind die erstaunlichen Ziffern der schnellsten Zeit, die ein Mensch jemals über die Langdistanz erreichen konnte. Für die Frauen steht nach demselben Versuch eine Zeit von 7:31,54 Stunden in den Büchern. Faszinierend! Zeiten, die weit entfernt von den Leistungen sind, die bisher als die jeweils schnellsten Zeiten auf der Triathlon-Langdistanz galten. So schafften es Kristian Blummenfelt (NOR) und Kat Matthews (GB) in ihren Versuchen am Lausitzring mehr als 45 Minuten schneller zu sein als jeder Athlet und jede Athletin bis zu diesem Zeitpunkt auf dieser Distanz.

Wie ist so etwas möglich?

Zunächst muss man die besonderen Voraussetzungen in die Analyse einbeziehen. So handelte es sich nicht um ein klassisches Rennen, sondern vielmehr um einen minutiös geplanten Rekordversuch unter Nutzung zahlreicher „Hilfestellungen“. Dazu gehörte insbesondere das Setting des 180 Kilometer langen Radparts, bei dem die Sportler jeweils von bis zu acht vor ihn fahrenden Radexperten im Windschatten gezogen wurden (Screenshot von Joe Skipper, Daten 180k rechts). Natürlich ist jedem bewusst, welche Auswirkung das auf die Leistung hat, Doch das war auch so gewollt und transparent. Es sollte ein Versuch sein, der aufzeigen sollte, was möglich ist.

3:24,22 Stunden (Schnitt 54,9 km/h) für Blummenfelt und 3:50,06 Stunden (Schnitt 46,9 km/h) für Kat Matthews demonstrieren, wie hoch der Einfluss des eingesparten Widerstands einzuschätzen ist. Auch wirkte sich die Kraftersparnis deutlich auf die Marathonleistungen von 2:30,50 Stunden und 2:46,09 Stunden aus. Und dennoch ist eine Langdistanz, ganz gleich mit wieviel Hilfestellungen, kein Schongang.

Dazu hier eine interessante Studie zum Effekt des Windschattenfahrens auf die Laufleistung > KLICK

Wie lässt sich dies alles erklären?

Nun blickt man gerne in die Daten der Leistungserbringung und wird schnell den mathematischen Lösungsweg finden. Doch gehen sportliche Leistungen immer weit darüber hinaus. Es ist eben nicht alles Diagnostik und Mathematik. Und hier liegt meines Erachtens ein Effekt, der weitaus höher wiegt als man zunächst vermuten mag. Vor allem auch deshalb, weil er sich mit Zahlen nicht bestimmen lässt. Wer die Forschung zu diesem Themenbereich kennt, der weiß aber ganz genau, was diese Leistung auch möglich macht; die Psyche, also die mentale Komponente.

Nicht zu oberflächlich bleiben

Nun glaubt man schnell, mit der Analyse der Zahlen weit in die Tiefe zu gehen. Doch ist das nur ein Teil. Blicken wir doch einmal in ein Formel-1-Rennen und eine bekannte Situation bei einem Boxenstopp. Wenn ein Fahrzeug in wenigen Sekunden voll aufgetankt wird und dabei alle vier Reifen gewechselt werden, wird einem schnell klar, dass dies der Pilot nicht alleine gemacht haben kann.

Dazu braucht es ein großes Team mit weiteren Experten und Spitzenkönnern in ihren jeweiligen Bereichen. Jeder weiß: würde der Fahrer diese Aufgaben auch noch selber bewältigen müssen, so wäre die fahrerische Leistung deutlich schlechter und womöglich auch von mehr Unfällen geprägt. Ganz einfach, weil immer sehr viel Energie und Aufmerksamkeit für die „Nebengeräusche“ verloren gehen. Der mentale Aufwand wäre immens. In etwa so wird das auch beim Project 7/8 gewesen sein.

Einfach mal machen und nur daran denken müssen

So wurden den Athleten alle Unwägbarkeiten abgenommen. So weit es eben ging. Im Wasser ging das eher nicht so gut und so waren die Zeiten auch eher als schwach zu bezeichnen. Doch alles andere lief wie auf Schienen. Und ein weiterer Aspekt kommt hinzu: es war keine Konkurrenz vorhanden, die eine ständig variierende Renntaktik, dauernde Überholmanöver oder andere Maßnahmen erforderte und somit einen signifikanten Energieverbrauch verursacht hätte.

Volle Konzentration auf die sportliche Leistungen, ohne Tempo-Schwankungen, Positionskämpfe oder den immer währenden Gedanken, wie man auf die jeweils aktuelle Situation zu reagieren hat. Jeder Sportler, der selber mal eine Langdistanz absolviert hat, weiß, wie der Kopf ständig und sekündlich die Signale des Organismus empfängt, überprüft, bewertet und darauf reagiert. Stress, der viel Energie raubt.

Der Central Governor Effekt

Aus Studien weiß man, wie hoch dieser Effekt zu bewerten ist. Wenn sich das Gehirn auf wenige Dinge konzentrieren muss, fühlt es sich selbst energetisch besser abgesichert und ist bereit, dem Organismus mehr Energie bereit zu stellen. Über diesen Effekt gibt es keinen Zweifel. Auch das bekannte Sub-2-Projekt von Nike, mit Eliud Kipchoge als erstem Menschen unter der 2-Stunden-Marathon-Marke, darf wesentlich diesem Aspekt zugerechnet werden.

Informationen & Übersicht zum Central Governor-Modell > KLICK

Was bleibt für den Altersklassensportler

Neben den interessanten Daten, sehen Altersklassensportler in diesem Versuch für sich als Take-away-Botschaft vor allem, ein gleichmäßiges Rennen zu gestalten. Je gleichmäßiger eine Langdistanz absolviert wird, umso weniger müssen Gehirn und Organismus organisieren und planen. Das verschafft nicht nur Ruhe, sondern stärkt das Leistungsvermögen signifikant.

Link zur Website von Project Sub 7 und Sub 8 > KLICK