TRIATHLON: 22.000 Abdruckmomente trainieren
Vollkontaktsport
Chancen erkennen und gezielt trainieren
Manchmal kann es sehr interessant sein, den Dingen, die man tut, mal wieder auf den Grund zu gehen. Wie könnte das im Triathlonsport aussehen? Zunächst ist deutlich erkennbar, dass die Bewegungen, die man während des Schwimmens, Radfahrens und Laufens vollführt, eine wohltuende Eintönigkeit aufweisen. Wohltuend einmal für den Geist und den Eintritt in den sogenannten Flow und auf der anderen Seite als Möglichkeit, über eine sehr lange Zeit, eine recht hohe Geschwindigkeit aufrecht erhalten zu können. Die Monotonie der Bewegungen macht also vieles möglich!
Und noch eine Charakteristik sorgt für faszinierende Momente in unserem Sport. Immer wenn Sie trainieren oder an der Startlinie eines Wettkampfes stehen, geht es um einen Weg. Offensichtlich ist es der Weg vom Start zum Ziel – doch wie man dorthin gelangt, hängt ganz eng damit zusammen, wie Sie sich selber beschleunigen. Anders als beim Speerwurf oder anderen Sportarten gilt das Hauptaugenmerk immer der Eigenbeschleunigung. Dort wo ein Auto den Grip als das herausragende Merkmal für eine Kraftübertragung besitzt, muss sich ein Ausdauersportler fragen, wann und wo er sich am besten beschleunigen kann. Wo finden Sie die Kontaktstellen, um sich abzudrücken?
22.000 Abdruckkontakte bei einer Kurzdistanz
Und noch eine Frage entsteht in dieser Überlegung. Was muss man tun, um die Momente des Kontakts optimal zu nutzen? Folgende Hochrechnung gibt Ihnen einen Einblick, warum es wichtig ist, jeden einzelnen Kontakt technisch optimal zu nutzen. Bei einem Triathlon über die Olympische Distanz und der Einhaltung idealer Bewegungsfrequenzen (siehe Übungen) ergeben sich erstaunliche Kontaktzahlen:
1.500 Meter Schwimmen in 25.00 Minuten = ca. 1.800 Abdruckaktionen auf dem Wasser
40 Kilometer Radfahren in 70.00 Minuten = ca. 11.200 Abdruckaktionen auf der Pedale
10 Kilometer Laufen in 50.00 Minuten = ca. 9.000 Abdruckaktionen vom Boden
In der Summe ergeben sich bei einer Endzeit von 2.25 Stunden in diesem Fall 22.000 Beschleunigungskontakte. Können Sie dank einer technischen Verbesserung nur wenige Zentimeter pro Abdruck weiter kommen, so spiegelt sich das in deutlich schnelleren Zeiten wider. Und nebenbei werden Sie deutlich weniger verletzungsanfällig. Achten Sie deshalb nicht nur auf Kilometer-Umfänge, sondern würzen Sie Ihr Training mit Inhalten, die Ihren „Grip“ verbessern.
Ein Beispiel:
Nimmt man einen Läufer mit einer Marathonzeit von 3.30 Stunden und einer Frequenz von ca. 170 Schritten/Minute so ergeben sich daraus 35.700 Bodenkontakte. Würde man jeden Bodenkontakt, d.h. die Schrittlänge, um die Größe einer Briefmarke verbessern, so würde derselbe Läufer in derselben Zeit rund 1.700 Meter mehr laufen. Oder anders ausgedrückt: er würde seine Zeit um rund 8 Minuten verbessern. Spektakuläre Werte!
Schwimmen:
Mit der pauschalen Empfehlung von ca. 70 Zügen pro Minute im Langstreckenschwimmen, haben Sie nun ein echtes Ziel. Nur, wenn Sie diese Zugzahl einhalten, können Sie ökonomisch schwimmen, vergeuden keine Zeit durch übermäßig langes Liegenlassen der Arme in der Streckhaltung und sorgen für regelmäßigen Vortrieb.
Kraulen mit Flossen
Kurzflossen sind ein hervorragendes Trainingsmittel, um höhere Geschwindigkeiten zu erzeugen. Nutzen Sie diese Antriebshilfe, um die Arme schneller zu bewegen und sich an höhere Frequenzen zu gewöhnen.
8x50m Kraul mit Beschleunigung der Zugfrequenz pro Bahn, Pause: 30 Sekunden
Sprinten
Sprints über Distanzen von 15 und 25 Metern sind ein ideales Mittel, um die koordinativen Fähigkeiten zu fordern. Schwimmen Sie diese Distanzen möglichst ohne Atmung, um sich voll auf einen kraftvollen Zug konzentrieren zu können. Deshalb sind die Pausenbei diesen Übungen auch bewusst sehr lang gehalten:
4x100m 15 oder 25 Meter Sprint + 75 Meter sehr lockeres Schwimmen, Pause: 60 Sekunden
Radfahren:
Bei einem Zeitfahren im Triathlon sollten Sie mindestens 80 Kurbelumdrehungen in der Minute realisieren. Messen Sie diesen Wert regelmäßig, um sich eine ökonomische Tritttechnik anzueignen. Die Entwicklung des Gefühls für Ihre optimale Trittfrequenz sollte Ihnen in Herz und Blut übergehen, um stets optimal zu agieren.
Heiß und kurz
Trainieren Sie den Abdruck in der vorne abwärts gerichteten Phase, indem Sie sich vorstellen, Sie würden auf eine heiße Herdplatte drücken und sich nur einen kurzen aber kraftvollen Kontakt erlauben.
5x200m Kurzer kraftvoller Druck ausschließlich in der Abwärtsphase, Rest der Bewegung sehr locker bis passiv, Pause: 3-4 Minuten entspanntes Pedalieren
Kleines Kettenblatt
Das Fahren auf dem kleinen Kettenblatt ist ein probates Mittel, um sich selbst zu regulieren. In diesem Falle geht es darum, das Tempo mittels einer hohen Trittfrequenz zu erzeugen und damit koordinativ variabler zu werden.
6×200-500m Fahren Sie ausschließlich auf dem kleinen vorderen Kettenblatt und versuchen Sie, so schnell wie möglich zu fahren. Steigern Sie die Streckenlänge von Woche zu Woche. Pause: 3-4 Minuten entspanntes Pedalieren
Laufen:
Sage und schreibe 180 Bodenkontakte in der Minute gelten unter Experten als die ideale Schrittfrequenz für gleichmäßiges Laufen. Das sind drei Kontakte pro Sekunde! Ist die Frequenz deutlich niedriger, ist Ihre Stützphase zu lang. Das führt zu Bremseffekten und möglicherweise sogar Überlastungsschäden.
Rückwärts laufen
Das Rückwärtslaufen bietet Ihnen einen neuen Eindruck über den Bodenkontakt und erweitert Ihr Bewegungsrepertoire. Versuchen Sie nun, die Geschwindigkeit von Mal zu Mal zu erhöhen und spüren Sie, wie Ihnen das für das normale Vorwärtslaufen hilft!
8x50m Laufen Sie schnell rückwärts mit kurzen Bodenkontakten, Pause: 2 Minuten lockeres Laufen
Balance-Akt
Minimieren Sie die vertikalen Bewegungen Ihres Körpers. Stellen Sie sich vor, bei hohen Schrittfrequenzen, einen Gegenstand auf dem Kopf balancieren zu müssen. Laufen Sie trotz hohem Tempo so ruhig wie möglich bei sehr kurzen Bodenkontakten.
8x100m Laufen Sie mit sehr kurzem Bodenkontakt, Pause: 2 Minuten lockeres Laufen
Tipp: Natürlich können Sie auch einmal einen realen Gegenstand auf dem Kopf ausbalancieren. Beginnen Sie beispielsweise mit einem kleinen gefalteten Handtuch oder setzen Sie Ihre Laufmütze einfach umgedreht auf den Kopf.