Stop Rotation!
Keine andere Sportart bewegt sich, wie das nur beim Schwimmen der Fall ist, in der Quasi-Schwerelosigkeit. Auf der einen Seite ist das Schwimmen dadurch angenehm für den Bewegungsapparat, auf der anderen Seite entsteht jedoch eine schwierige Situation in Bezug auf Technik, Gleichgewicht und Vortrieb. Es gibt schließlich keine Möglichkeit, sich stabilisierend an einem Gegenstand festzuhalten oder die Schwerkraft für sich zu nutzen.
Da, wo man beim Laufen Fix- und Ankerpunkte nutzen kann, schwebt man im Wasser einfach umher. Jede Aktion erzeugt deshalb zwangsläufig eine Reaktion. Ein schräg angesetzter Zug genügt, um den Körper aus der Ideallinie zu bringen. Ein seitliches Vorschwingen der Arme in der Überwasserphase wirft das komplette System „Schwimmer“ aus der Bahn. Lockerheit und Flexibilität im Schultergelenk und der umgebenden Muskulatur ist deshalb eine wichtige Eigenschaft für effektives Schwimmen. Aber dann gibt es da immer noch diese „Empfehlungen“, die einem täglich in den Gesprächen mit Triathleten begegnen. Zum Beispiel das Thema: soll ich rotieren und wenn ja, wie?
Die aktive Beckenrotation, als beliebtes Diskussionsthema, ist in diesem Zusammenhang ein echter Killer für eine saubere, strömungsgünstige Wasserlage. Die Drehungen verursachen Verwirbelungen und bremsen den Schwimmer ab. Und mindestens genauso schlimm ist die übermäßige Dauer eines Bewegungszyklus`, der aus einer Rotation des Beckens resultiert. Allein das Hin- und Herwuchten des Körpers kostet Energie und vor allem Zeit.
Zeit, die fehlt, um ein gleichmäßiges Zugmuster durchzuführen. 70 bis 80 Züge sollten es pro Minuten sein – nur so ist eine gleichmäßige Beschleunigung realisierbar. Kaum umsetzbar allerdings, wenn man bei jedem Zug von links nach recht rotiert. Zudem muß die Beinarbeit dann zusätzlich dafür sorgen, dass der Körper auf die andere Seite gedreht wird.
Klar ist aber auch, dass es immer zu einer natürlichen Drehung (Kippen) in der Schulterlinie kommt. Aber eben in Maßen. Eine ganz bewußte, aktive und übermäßige Drehung auf die Seite hingegen (=Rotation), ist eine überflüssige und hinderliche Bewegung. Im Gegenteil: das Becken sollte Stabilität in die Gesamtbewegung bringen.
Es ist aus meiner Sicht schon fast fahrlässig, wenn man die Rotation als effektive Bewegung in ein schwimmerisches Bewegungsmuster einfügen möchte. All diese Empfehlungen, so habe ich manchmal den Eindruck, dienen nur dem Zweck, eine schlechte Idee gut zu verkaufen. Also: Stop Rotation!
Sehr interesant. Hab mir darüber auch schon viel Gedanken gemacht (eigentlich immer beim Schwimmtraining …), aber auch in Deinem Buch nix gefunden.
Ich habe nur komischerweise immer den Eindruck, dass die „Schwimmspezialisten“ auf der Nebenbahn (Du übrigens viel schneller sidn als ich 🙁 ), doch ziemlich rotieren (und es sieht g´schmeidig aus 🙂 ). Und das auch bis zu den Beinen. Ist das dann wohl die „Verlängerung“ der „erlaubten“ Rotation im Schulterbereich? Oder ist dieses Technikmanko so sehr verbreitet?
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Nächste Woche kommt zu diesem Thema ein Artikel auf swim.de – Veröffentlichung am Donnerstag. Wird wieder Diskussionen geben, aber ich habe denke ich gute Argumente angeführt. Bin gespannt! VG Holger