Triathlon: Training & Tipps

Aminosäuren – Geheimwaffe für Ausdauersportler

Aminosäuren: Geheimwaffe im Ausdauersport?

Bei sportlichen Langzeitbelastungen wird der optimalen Energiebereitstellung zurecht eine besondere Bedeutung beigemessen.

von Holger Lüning

Das komplexe Zusammenspiel von Energielieferanten im Ausdauersport ist immer wieder Mittelpunkt vieler Untersuchungen. Neben Kohlehydraten spielen dabei die Proteine eine immer größer werdende Rolle. Zumindest bekommt man den Anschein, wenn man sich die Vielzahl der Untersuchungen ansieht.

Über die Nahrung aufgenommene Proteine werden vom Organismus zunächst in verschiedene Einzelteile, den Aminosäuren, aufgespaltet. Die isolierten Aminosäuren werden zeitverzögert, je nach Beanspruchung, zu neuen Kombinationen verarbeitet und im Organismus verwertet. Aktuellen Studien zufolge haben dabei möglicherweise besonders die essentiellen Aminosäuren eine große Bedeutung für die Ausdauerleistung.

Die verzweigtkettigen (branched chain amino acides) Aminosäuren Leucin, Valin, Isoleucin, besser bekannt als BCAA, gelten unter einigen Ausdauersportlern seit einiger Zeit als echter Geheimtipp der Nahrungsergänzungsmittel. Als gesichert gilt die Tatsache, dass rund ein Drittel der kontraktilen Elemente in der Muskulatur aus BCAAs bestehen. Amerikanischen Studien zufolge gelten sie deshalb folgerichtig, und in besonderem Maße Leucin, als wichtige Bausteine der Muskulatur. Betrachten wir die Studienlage einmal genauer.

Schutz vor Selbstzerstörung?

Bei hohen und lang andauernden körperlichen Belastungen, wie sie im Triathlonsport anzutreffen sind, spielen die BCAAs auch eine Rolle bei der Energiebereitstellung. Im ermüdeten Zustand zerstört der Organismus zunehmend körpereigene Proteinstrukturen in der Muskulatur, um damit die Energiegewinnung sicherzustellen. Der Körper zehrt sich selbst auf!

Bei Ausdauerbelastungen von über 2 Stunden Länge kann bis zu 15% der benötigten Energie aus körpereigenen Proteinen gewonnen werden. Ein Marathonlauf von drei Stunden Länge führt beispielsweise zu einem Verbrauch von gut 40g Aminosäuren! Um diesen Prozess zu verzögern, könnte theoretisch eine Zufuhr von Aminosäuren während der Belastung als vorteilhaft erscheinen.

Sofort verfügbare Aminosäuren, wie BCAAs, erscheinen nachweislich schon nach 10 Minuten im Blut und sind kurze Zeit später im Muskelgewebe zur Energiebereitstellung anzutreffen. Damit könnten zwei Prozesse günstig beeinflusst werden. Erstens stünde dem Organismus wertvolle Energie zur Verfügung und zweitens würde der Abbau (kataboler Effekt) kontraktiler Elemente in der Muskulatur verhindert werden.

Inwieweit eine Zufuhr von BCAA während der Belastung zu empfehlen ist, kann noch nicht eindeutig gesagt werden. Wie so oft ist auch hier vor allem das Thema der individuellen Verträglichkeit entscheidend dafür, ob sich die Zufuhr während eines Wettkampfes als vorteilhaft erweist. Namhafte Hersteller von Nahrungsergänzungsprodukten haben sich diesem Gebiet bereits angenommen und bieten entsprechende Produkte an.

Regenerative Effekte überwiegen

Ganz sicher geklärt sind indes die Vorteile der regenerativen Effekte. Der katabole, also abbauende, Prozess wurde in einer Studie von Blomstrand (2006) diskutiert. Nach einer Zufuhr von BCAAs konnte eine Zunahme der Aktivität von Enzymen beobachtet werden, die den Wiederaufbau der Proteinstrukturen fördern. In der Trainingspraxis könnten diese Untersuchungsergebnisse für einen Verzehr von BCAAs vor und nach einer Belastung sprechen. Schließlich ergibt die Summe einer verbesserten und schnelleren Regeneration auch die Möglichkeit, das Training früher mit hochwirksamen Belastungsreizen durchzuführen.

Mittels einer Gabe von BCAA vor einem intensiven Training können zudem die oben beschriebenen abbauenden Prozesse eingedämmt werden. Shimomura (2006) konnte diesen prophylaktische Effekt von BCAA in einer Studie mit einem Kniebeugen-Training nachweisen. Tang (2006) stützt diese Aussage mittels einer Untersuchung an Schwimmern, die den präventiven Nutzen einer zusätzlichen Einnahme bestätigt. Innerhalb einer 15-tägigen Trainingsphase wurde eine Placebo-Gruppe mit einer Trainingsgruppe verglichen, die BCAA-Supplemente zu sich nahmen. Nach Ende der Trainingsphase und einem abschließendem 600m-Kraulschwimmen waren die Indikatoren für einen Proteinabbau bei der Placebo-Gruppe deutlich höher.

In jüngster Zeit wurde in wissenschaftlichen Studien ein weiterer Vorteil erkannt, der die mentale Komponente in den Blickpunkt rückt. Wissenschaftler der Uni Köln konnten in Versuchen nachweisen, dass die zentrale Ermüdung vor der lokalen, muskulären Ermüdung eintritt. Nutzt der Organismus nämlich verstärkt BCAAs zur Energiegewinnung, sinkt das Verhältnis von Leucin zu Tryptophan. Als Folge tritt mehr Tryptophan (der sog. „Ermüdungstransmitter“) über das Blut in das Gehirn ein und regt die Bildung von Serotonin an. Serotonin seinerseits drosselt die Aktivität des Nervensystems und sorgt für eine entspannende Wirkung. An sich betrachtet ein angenehmer Vorgang – für eine sportliche Leistung aber natürlich weniger wünschenswert weil leistungshemmend.

Elektrische Reizungen der Muskelfasern während solcher Ermüdungszustände bewiesen zusätzlich, dass die Muskulatur aber sehr wohl noch zu intensiven Leistungen fähig ist. Schlussfolgernd sei das Gehirn ein wesentlicher leistungslimitierender Faktor bei einer Ausdauerbelastung, so die Wissenschaftler. Die Zufuhr von BCAAs könne also das Verhältnis zu Tryptophan regulieren und einer zentralen Ermüdung vorbeugen.

Zusammenfassend wird den Aminosäuren, und hier speziell den BCAAs, ein großes Spektrum an unterstützenden Wirkungen zugeschrieben. Ist es nun ein neuer Hype oder können Ausdauersportler tatsächlich von positiven Effekten profitieren? Für nicht wenige Sportler gehören Aminosäuren mittlerweile zum Standard in der Nahrungsergänzung. Besonders als Regenerationsförderung scheinen alle Argumente für die BCAAs zu sprechen. Die Hoffnung auf einen legalen Turbo im Wettkampf können die bisherigen Untersuchungen jedoch nicht stützen.

Leistungssportler können ungefähr mit folgendem durchschnittlichem täglichem Mehrbedarf an Aminosäuren rechnen:

BCAA (Leucin, Valin, Isoleucin):10 bis 20 Gramm für alle Sportarten
Glutamin: 10 bis 30 Gramm (höherer Wert vor allem bei Ausdauersport)
Arginin: 5 bis 10 Gramm für alle Sportarten
Cystein: 1-2 Gramm (höherer Wert vor allem bei Ausdauersport)

Carnitin: 0,5 bis 1 Gramm (vor allem für ältere Sportler)
Taurin:1 bis 2 Gramm für alle Sportarten

Es wird empfohlen, den zusätzlichen Bedarf mit natürlicher Ernährung zu decken bzw. den beschriebenen Mehrbedarf erst nach einer Analyse der individuellen Ernährungsgewohnheit zu ermitteln. Ein Konzentrat kann nie eine natürliche ausgewogene Ernährung ersetzen.

Quellen:

unbenannt1

 

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