Der Windschatten: Das ewige Problem
Sebastian Kienle hat es deutlich ausgesprochen: viele Sportler haben keinen Anstand! (Klick zum tri-mag-Interview) Bei der Weltmeisterschaft über die Ironman-70.3-Distanz war das Problem selbst bei den Profis offenbar ein Thema. Der Windschatten! Da wird unter Berufssportlern betrogen – das ist tatsächlich bitter und strahlt weiter aus.
Ich kenne das Problem vor allem von den Agegroupern, wo der eine dem anderem kaum etwas gönnt, geschweige denn die Gesetze des Fair-Play achtet und beachtet. Das ärgert natürlich zunächst einmal die Sportler, die ambitioniert trainieren und im Wettkampf sowohl eine faire Leistungsbeurteilung erwarten, wie auch eine Platzierung, die ihnen die Möglichkeit eröffnet, zu analysieren, wo man im Reigen der Altersgenossen steht. Das ist der Gedanke des Wettkampfsports.
Leider gibt es aber zu viele Heuchler, die sich gerne einen Vorteil auf Kosten der anderen verschaffen und gezielt den – verbotenen – Windschatten der Vorderleute vorsätzlich nutzen. Im Amateursport ist das ebenfalls Betrug. Auch wenn es nicht um Preisgelder und Sponsorenverträge geht, so gehört das faire Miteinander einfach dazu. Ich habe als früherer Schwimmer da besonders große Verständnisprobleme. Ich habe gelernt, dass jeder in seiner Bahn versucht, so schnell wie möglich zu sein. War der Nebenmann schneller, hat man nicht über das bessere Wasser diskutieren müssen. Das Ergebnis ist objektiv und man darf dem Sieger dann auch ehrlich gratulieren.
Eines meiner Erlebnisse: 2010 war ich bei der 70.3-WM in Clearwater ganze 89 Kilometer lang in Führung, habe gebuckelt und geschuftet auf dem Rad, um vorne zu bleiben. Bis dann kurz vor der Wechselzone eine Gruppe von 8 Altersgenossen zu mir aufschloss. Diesen Moment der Unfairness werde ich nie vergessen. Auch wenn ich am Ende Dritter werden konnte, bin ich bis nach Florida geflogen, um mich unter fairen Bedingungen mit den Besten der Welt zu messen, habe dafür hart trainiert, Freunde vernachlässigt und auch eine Menge Geld für diese Reise ausgegeben. Alles, um am Ende vielleicht mit leeren Händen und mit einem unfairen Rennen im Gedächtnis heimzukehren? Hawaii ist übrigens ähnlich im Gedächtnis, wie auch ITU-WM der Agegrouper. Das kann nicht der Sinn der Sache sein. Für Niemanden!
Und wenn es die Profis nun auch noch vormachen, warum sollte der kleine Agegrouper dann anders handeln? Und spinnt man den Faden noch etwas weiter, dann ist es doch auch egal, ob ich durch´s illegale Windschattenfahren ein paar Minuten gut mache oder durch illegale Substanzen. Da gibt es fast keinen Unterschied. ich finde diese Entwicklung traurig. Macht das noch Sinn?
Und wenn ich mir vorstelle, dass ich als Altersklassensportler gerne bei der 70.3-WM im kommenden Jahr in Zell am See starten würde und mich dort wieder solch ein Szenario erwartet, verzichte ich lieber darauf. Wenn ein Über-Biker wie Sebastian Kienle dieses Dilemma anprangert, sollten alle Verantwortlichen aufhorchen und mal ganz scharf nachdenken – seine Berufskollegen ebenso. Ganz schnell wird der Triathlonsport vor allem unter Agegroupern zu einem Poser-Sport. „Seht her was ich kann“ – egal, wie es zustande kam. Sorry für die pauschale Schelte, aber mich regt dieses Thema einfach unglaublich auf! Bin eben ein Romantiker … und werd´s auch bleiben.