Multisport: Training & mehr

Die Gefahr der Leidenschaft

holger-luening-matterhorn„Wer ausgebrannt ist, der muß ja mal für Etwas gebrannt haben.“ So ist es meistens. Und nicht selten brennt das Feuer lichterloh und ein Leben lang. Dabei ist es völlig egal. ob es sich um einen passionierten Sportler handelt, einen Koch oder eine Mutter. Wer mit außerordentlicher Hingabe und intrinsischer Motivation seinem Hobby oder einem Teilgebiet seines Lebens nachgeht, der erfährt echte Leidenschaft. Und die kann durchaus gefährlich sein. Doch das ist das Abenteuer ja auch.

Ist dir schon einmal die Frage gestellt worden, wenn es um Dein Hobby ging, warum du das machst? Und vor allem, warum Du es in dieser enormen Intensität betreibst? Mir schon recht häufig. Mittlerweile hat man dann ein paar Standardsätze parat, die die Sachlage erklären und für Außenstehende verständlich machen sollen. Aber innerlich ist es doch so, dass man es gar nicht richtig erklären kann. Allein beim Gedanken an diese Leidenschaft meldet sich das vegetative Nervensystem und schickt voller Vorfreude gleich mal ein paar Hormone in die Blutlaufbahn: Herzklopfen!

So schön dieses Gefühl ist, und zum Glück ist es ja dauerhaft, so viel Last kann es einem bringen. Nämlich dann, wenn man derart im Flow-Zustand ist, dass man gar nicht spürt, wann es Zeit für eine Pause ist. Wissenschaftler kommen dann gerne mal mit Erklärungen analog eines Suchtverhaltens. Biochemisch mag das richtig sein. Emotional liegen die Herrschaften meines Erachtens falsch. Und bei der Erforschung des Gehirnareals „Emotionen und Seele“ steckt man ja auch noch fast in den Kinderschuhen.

Also geht es vielleicht exakt wieder um das Thema unserer Gattung: Bewegung und Freiheit. Wo sonst fühlst Du dich derart wohl als bei der Ausübung Deines Hobbys, welches ja auch durchaus im Beruf stattfinden kann? Momente, in denen Du Zeit und Raum vergessen kannst? Mit dem Wissen zu beginnen, dass man sich während der Tätigkeit und auch noch lange danach wie Neugeboren fühlt? Tatsächlich sind das die Zeitabschnitte, in denen man völlig autonom ist, frei handeln kann und das Ganze lediglich mit sich selbst arrangieren muss! Freiheit eben.

Natürlich, für mich ist der Sport genau diese Umgebung. Deshalb spreche ich gerne von einem Kurzurlaub, wenn ich Schwimmen, Laufen oder Biken gehe. Zeit mit sich selbst! In kaum einem anderen Moment des Tages hat man schließlich die Möglichkeit, so tief in sich hineinzuhorchen. Da sprechen auf einmal Atmung („danke für die frische Luft“), Herz („juhu,endlich Action“), Hirn („Klasse Frischzellen-Kur“) und Muskeln („ja, raus aus dem Bürostuhl“) miteinander und freuen sich wie kleiner Kinder, dass es das gibt: Freude an der Bewegung!

Doch wo liegt nun die Gefahr? Das liest sich doch alles wunderbar!

Gefährdet könnte man dann sein, wenn der Leidenschaft kein genügender Raum geboten wird. Ich meine, es geht gar nicht darum, sich zu zügeln („Ist das kein Stress, dieses ständige Training?“-„Nein!“). Es geht vielmehr darum, sich den Freiraum für die Leidenschaft zu bewahren. Denn wenn das nicht mehr möglich ist, wird die Leidenschaft zur Gefahr. Weil sie sich dann während der Überstunden im Büro meldet und fleht, dass Du ihr etwas Zeit gibst. Immer und immer wieder! Tust Du das nicht, könnte sie sich irgendwann für diese Mißachtung rächen. Dann schickt sie dir schlechte Laune, Unzufriedenheit, abnehmende Gesundheit und vielleicht noch mehr. Da kann sie ganz schön zickig werden, die heißblütige Geliebte „Leidenschaft“. Und dann sucht sie sich Verbündete: Kopf, Magen, Haut, Kreislauf und Nervensystem – sie hat sie alle im Griff und bestimmt deren Funktionsqualität – bis hin zur Funktionseinschränkung. Ausgebrannt zu sein, bedeutet vielleicht mitunter nicht viel mehr, als sich keine Zeit für seine Leidenschaften mehr zu gönnen. Dann wird alles andere nämlich schnell zum Feind!

Ach und wenn du diese „Geliebte“ (diesen „Geliebten“) noch nicht gefunden hast, dann geh mal schnell los. Es könnte eine lange spannende Beziehung werden! Oder wie es Oscar Wilde sagt: „Die Spannung des Lebens ist unerträglich. Hoffentlich geht sie so schnell nicht vorbei!“

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