Cooling: Gegen die Hitze wappnen und Kühlungseffekte nutzen
Kann „kalt“ leistungsfähiger machen?
Die Regulierung der Körpertemperatur spielt bei Ausdauerbelastungen eine große Rolle. Verschiedene Möglichkeiten, die Temperatur durch Außenanwendungen in den Griff zu bekommen, scheinen die Leistungsfähigkeit erhöhen zu können.
Triathlon ist eine Sommersportart. Nicht selten finden Triathlonwettkämpfe mit Belastungszeiten von mehreren Stunden unter hochsommerlichen Temperaturen statt. Da hat der eine Sportler manchmal mehr als der andere mit den Umgebungsbedingungen zu kämpfen. Klar ist jedoch, dass die Fähigkeit, Hitze zu tolerieren bzw. den Körper herunter zu kühlen ein leistungslimitierender Faktor ist.
Die Einhaltung einer relativ konstanten Körperkerntemperatur ist nicht nur eine wichtige sondern eine lebensnotwendige Aufgabe der Thermoregulation des Organismus`. Eine konstante „innere“ Temperatur von ca. 36 Grad Celsius schützt die inneren Organe und sichert auch unter heißen Umgebungsbedingungen deren Funktionsweise und damit das Überleben. Unter sportlicher Betätigung kann sich die Temperatur um bis zu 3 Grad erhöhen, ohne dass der Organismus Schaden erleidet. Der Wissenschaftler M.B. Maron konnte 1977 in Untersuchungen bei Marathonläufern sogar eine erhöhte Temperatur bis 43 Grad Celsius registrieren ohne dass der Körper daran Schaden nahm!
75% Aufwand für die Thermoregulation
Sportliche Leistung erzeugt also Wärme! Für die Herstellung einer gesunden inneren Körpertemperatur wendet der Organismus viel Mühe auf. Rund 75% der energetischen Prozesse werden in diesem Falle benötigt, um den Kälte-Wärme-Ausgleich herzustellen. Damit bleiben lediglich 25% der Energie übrig, um muskuläre Prozesse für die sportliche Leistungserbringung zu nutzen.
Zudem strömt Blut aus dem Zentrum in die Hautgefäße, um dort durch die Abgabe von Schweiß gekühlt zu werden. Dies wiederum führt unter Belastung zu einer erhöhten Herzschlagfrequenz und einem verminderten Schlagvolumen. Die geringere Blutversorgung der Muskulatur ihrerseits kann den Muskel zwingen, früher anaerob zu arbeiten. Diese Auswahl an Aspekten demonstriert eindrucksvoll, wie sehr die menschliche Leistungsfähigkeit von der Temperatur abhängig ist. Marathonbestzeiten im Spitzenbereich werden deshalb immer bei Umgebungstemperaturen von 10 Grad Celsius erbracht.
Pre-Cooling
Grund genug für die Wissenschaft, die Frage nach einer Hilfestellung zu suchen. Im Zuge der zu erwartenden Hitzewelle bei den Olympischen Spielen in Athen und Peking wurden verstärkt sportmedizinische Untersuchungen mit verschieden Methoden der Körperkühlung begonnen. Im Zentrum stand dabei die Auswahl von äußerlich anwendbaren Kühlmaßnahmen, den Kälteapplikationen. Die zentrale Frage war, ob es gelingen könnte, die körperliche Leistungsfähigkeit durch eine kurzfristige Abkühlung vor dem Wettkampf positiv zu beeinflussen. Eine weitere Fragestellung betraf die Unterstützung von regenerativen Prozessen nach Ausdauerbelastungen. Würde ein schnelles Herunterkühlen nach Training und Wettkampf die Leistungsfähigkeit schneller wieder herstellen lassen?
Vor dem Sport kühlen
Eine deutsche Forschergruppe um Winfried Joch und Sandra Ückert von der Universität Münster kam in ihren Untersuchungen zu interessanten Ergebnissen. Sie setzten Sportler für 2.5 Minuten in einer Kältekammer einer Temperatur von –110 Grad Celsius aus, um sie danach einem Ausdauertest von 26 Minuten auf einem Fahrradergometer zu unterziehen. Der Effekt dieser Pre-Cooling-Maßnahme war eine signifikant niedrigere Herzfrequenz (ca. 8-10 Schläge/Minute) und deutlich geringere Laktatwerte gegenüber dem Standardtest. In weiteren Untersuchungen australischer Forschergruppen wurde zudem ein deutlicher Anstieg des Herzschlagvolumens beobachtet.
J.D. Cotter (2001) konnte eine 16% verbesserte Ausdauerleistung bei einem 35-minütigen Ergometertest im Anschluß an eine Kälteapplikation mittels einer Kühlweste beobachten. Triathleten waren im Jahre 1997 Gegenstand einer weiteren australischen Untersuchung. Auch hier wurde mittels eines Pre-Coolings mit einer Kühlweste eine signifikant höhere Radergometerleistung erbracht.
Es muß also gar nicht einmal der hohe materielle Aufwand einer Kühlkammer sein. Bereits die Abkühlung mittels einer speziellen Weste kann die Leistungsfähigkeit, gerade unter großer Hitze, enorm verbessern.
Das Nervensystem entlasten
Die deutsche Forscherin Sandra Ückert beschreibt in ihren Untersuchungen zu diesem Thema stets die verbesserte Herzfrequenzvariabilität (HRV). Diese Verbesserung würde die Erwartung zulassen, dass es zu einer größeren vagotonischen Steuerung käme. Diese parasympathische, also entspannende, Wirkung würde eine schnellere Erholung und Regeneration vermuten lassen.
Ein rasches Abkühlen nach dem Sport sollte vor allem aber den schnellen Rückfluss des Blutes aus der Hautregion in die inneren Organe bewirken. Das höhere Blutvolumen solle somit den Abtransport von Stoffwechselendprodukten oder sonstigen schädlichen Stoffen beschleunigen. Das zu erwartende Ergebnis solle eine schnellere Regeneration und somit ein frühzeitiger Wiedereinstieg in ein intensives Training sein. Ein Regenerationsbeschleuniger also. Paula Radcliff, noch immer Inhaberin der Marathon-Weltbestzeit mit 2:15,25 Stunden, nutzte diese Effekte sogar direkt im Anschluß an ihre Wettkämpfe, um den Erholungszeitraum zu verkürzen.
Sprung in den kühlen See
Der ehemalige schweizer Triathlonprofi Mathias Hecht schwörte zu seinen aktiven Zeiten auf die regenerationsfördernden Effekte von Eisbädern. Bei seinen häufigen Trainingsaufenthalten in Australien ist der Schweizer auf diese Methode gestossen. Und tatsächlich scheint man in Down Under viel Erfahrung mit den Methoden des Coolings zu haben. „Früher bin ich nach dem Training kurz in den kalten See gesprungen. Ich nutzte das Eisbad für ca. 10 Minuten nach jeder harten und langen Trainingseinheit sehr gezielt. Ich regenerierte schneller, konnte unmittelbar Hitze abbauen und genoß das gute Gefühl der Kompressionswirkung durch das kalte Wasser.“
Kein Wunder also, dass man im Bundesleistungszentrum Kienbaum im Jahre 2009 eine Kältekammer einrichtete, um den Athleten den Zugang zu schnelleren Regenerationsphasen zu ermöglichen. Zudem könne die Kammer genutzt werden, um entzündliche Prozesse zu verhindern, so Professor Winfried Joch bei der Einweihung der Kammer. Und die entstünden besonders nach hochintensiven oder lang andauernden sportlichen Belastungen. Diese Erfahrungen stützen Untersuchungen zur erfolgreichen Rheumabehandlungen unter Kälteanwendung.
Waten statt Warten
Und wer hat es nun erfunden? Bereits im 19. Jahrhundert kurierte der deutsche Hydrotherapeut Sebastian Kneipp seine eigene Tuberkulose-Krankheit mittels kurzer Bäder in der eiskalten Donau und erkannte die heilende Wirkung des Wassers. Bekannt wurden seine Therapieformen durch die sogenannten Kneippbäder oder das langsame Waten durch flache Wasserbäder. Wenn Sie nun die Wirkung von kalten Bädern zur schnelleren Regeneration einsetzen wollen, kann also schon ein mit Wasser und Eiswürfeln gefüllter Eimer genügen. Schon mit dieser einfachen Methode können Sie sich die durchblutungsfördernden Effekte zu nutze machen. Waten kann Sie also leistungsfähiger machen!
Tipps für Triathleten für Wettkämpfe bei hohen Temperaturen
- an den Tagen vor dem Rennen auf ausreichende Elektrolyt- und Flüssigkeits-Zufuhr achten
- Training in die frühen und späten Stunden des Tages verschieben
- Kopfbedeckung in Training & Wettkampf tragen
- helle Wettkampfbekleidung tragen (siehe Foto oben)
- ggf. weiße Armlinge zum Sonnenschutz tragen
- spezielle Cooling-Produkte einsetzen (Unterarm-Cooler o.ä.)
- Salzzufuhr während des Wettkampfes einplanen
- Herzfrequenzwerte bei Training & Wettkampf beachten
- möglicherweise die Intensitäten reduzieren
- Pre-Cooling-Maßnahmen treffen
- regelmäßige Anfeuchten der Haut
- Platzierung von Eiswürfeln unter den Laufkappe
- Kühlung der Arm- und Oberschenkel-Innenseite, um die Temperatur des zirkulierenden Bluts zu reduzieren
- gezielt trinken und ggf. Getränke wechselnd zu sich nehmen (Vermeidung von zu viel reinem Wasser, um ein Herausspülen von Elektrolyten zu vermeiden)
- Hautschutz auftragen, LSF mind. 20
- Schwämme unter dem Wettkampf-Anzug platzieren